Inkontinenz

In Deutschland leiden 3-4 Millionen Frauen an ungewolltem Urinverlust.

Zirka 80% der betroffenen Frauen begeben sich nicht in eine Behandlung begeben, obwohl Ihre Lebensqualität sehr eingeschränkt ist.

Mit einer zielgerichteten Diagnostik und Behandlung kann das Problem jedoch in den meisten Fällen behoben werden.

Im Rahmen des Beckenbodenzentrums Südhessen arbeitet unsere Praxis mit Urologen und Spezialisten zusammen, um bietet in diesem Rahmen modernste Techniken an, um Ihnen schnell und diskret zu helfen.

Definition

Unter Blasenschwäche (Harninkontinenz) versteht man die Unfähigkeit, den Harn willkürlich zurückhalten zu können. Dieses Problem betrifft Frauen häufiger als Männer, da Anzahl der Geburten und vorausgegangenen gynäkologischen Operationen eine Rolle spielen können. Die Ursachen für eine Blasenschwäche können unterschiedlich sein.

Daher ist vor jeder Behandlung eine Untersuchung notwendig, diese beinhaltet:

  • Erhebung des Beschwerdebildes   
  • Führung eines Miktionsprotokolls
  • Ultraschall-Untersuchung der Blase
  • Bestimmung des Restharns nach Wasserlassen
  • bakteriologische Untersuchung des Urins und der Harnröhre (Harnröhrenabstrich)
  • Blasenspiegelung (Cystoskopie)
  • ggf. Blasendruckmessung (Cystotonometrie)

Nach dieser Untersuchungen ist zu entscheiden, ob eine konservative Behandlung mit Beckenbodentraining, Elektrostimulation oder Medikamenten sinnvoll ist oder ob eine Operation durchgeführt werden muss.

Der Beckenboden

Die Harnblase, Harnröhre, Gebärmutter und Scheide, wie auch der Enddarm liegen im kleinen Becken zwischen den Beckenknochen.

Die Lage der Organe im kleinen Becken
- Ansicht von vorne.

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Die Lage der Organe im kleinen Becken
- Seitliche Ansicht

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Wie in der Abbildung ersichtlich, ist das Becken nach unten hin offen und nur durch eine Muskelplatte, den sogenannten Beckenboden abgeschlossen. Der Beckenboden besteht aus verschiedenen Muskelschichten, die wir willkürlich anspannen können. Sie können das selbst einmal probieren, wenn Sie zum Beispiel versuchen beim Wasserlassen den Harnstrahl zu unter brechen.

Die Harnblase

Wie funktioniert das Harnwegssystem?

Sowohl die Blasenfüllung wie auch die -entleerung bestehen aus einem Zusammenspiel mehrerer Funktionssysteme:

Die Harnblase ist ein dreischichtiger Muskel, der sich bei der Blasenentleerung zusammenzieht. Gleichzeitig entspannen sich die Schließmuskeln  der Blase und der Beckenboden.

Mitentscheidend für das Funktionieren dieses Systems ist die regelrechte Lage der Blase und Harnröhre im kleinen Becken.

Symptome und Formen der Blasenschwäche

Es gibt 2 Hauptformen der Blasenschwäche, die über 90% aller Patientinnen betreffen.

Diese Formen sind:

1. Dranginkontinenz
d.h. unwillkürlicher Urinverlust mit Harndrang.

Typische Symptome sind:

  • häufiger nicht unterdrückbarer Harndrang
  • mehr als 10 Toilettengänge pro Tag
  • nächtlicher Harndrang (mehr als 2 Mal)
  • das nicht rechtzeitige Erreichen der Toilette
  • unkontrollierter Urinverlust z. T. auch von größeren Mengen


2. Belastunginkontinenz
d.h. unwillkürlicher Urinverlust bei Belastung ohne Harndrang.

Typische Symptome sind:

  • Urinverlust beim Lachen, Husten, Niesen
  • Urinverlust beim Treppensteigen, Laufen
  • Urin geht meist in Spritzern ab

Treten beide Formen zusammen auf, spricht man von einer Mischinkontinenz.

Diese Formen können kombiniert mit einer Senkung der weiblichen Beckenorgane auftreten. Was eine Senkung ist und welcher Zusammenhang zu einer Blasenschwäche besteht, lesen Sie im Abschnitt Ursachen und Risikofaktoren.

Ursachen und Risikoformen

Die häufigsten Ursachen für Blasenschwäche und Senkung sind Defekte im Aufhängeapparat der Blase, Harnröhre und der anderen Beckenorgane.

Diese Defekte können verursacht werden:

  • durch schwere vaginale Geburten (Defekt der Beckenbodenmuskulatur),
  • durch vermehrte Belastung des Beckenbodens (bei Übergewicht, schwerer körperlicher Arbeit, Asthma, Raucherhusten, Verstopfung), sowie
  • bei angeborener Bindegewebsschwäche oder
  • bei Mangel an weiblichen Geschlechtshormonen.

Diese Formen können kombiniert mit einer Senkung der weiblichen Beckenorgane auftreten.

Was eine Senkung ist und welcher Zusammenhang zu einer Blasenschwäche, besteht lesen Sie im Abschnitt Gebärmuttersenkung.

Gebärmuttersenkung

Eine Gebärmuttersenkung liegt vor, wenn die Gebärmutter (Uterus) oder auch die Harnblase nicht mehr durch die Beckenbodenmuskulatur in ihrer Position gehalten werden kann.

Eine solche Muskelschwäche verursacht eine Senkung der Gebärmutter und / oder der Harnblase und des Darmes. Es werden verschiedene Schweregrade einer Gebärmuttersenkung unterschieden. In manchen Fällen kann es soweit kommen, dass die Gebärmutter ganz oder teilweise aus der Scheide herausrutscht. Man spricht dann von einem Gebärmuttervorfall.
    
Ursachen für die Gebärmuttersenkung können sein:

  • Überbelastung des Beckenbodens verursacht durch schwere körperliche Arbeit
  • Erhöhung des Druckes im Bauchraum z. B. bei chronischer Bronchitis oder Verstopfung, Fettleibigkeit spielt ebenfalls eine Rolle
  • Bindegewebsschwäche nach Geburten sehr großer Kinder mit Geburtsverletzungen im Bereich der Scheide

Symptome:

  • Harninkontinenz (meist Belastungsinkontinenz, d.h. Urinverlust bei körperlicher Belastung)
  • häufiges Wasserlassen
  • wiederkehrende Harnwegsinfektionen
  • Unterleibs- und Rückenschmerzen
  • Druckgefühl nach unten und Fremdkörpergefühl
  • Verstopfung
  • Ausfluss durch Infektionen und Druckgeschwüre

Bei Verlagerung der Harnblase kann der Abfluß des Harns gestört sein und zu einer Nierenstauung führen.

Die Gebärmuttersenkung wird durch den Gynäkologen mittels Tastbefund und Untersuchung mit einem Instrument zum Einführen in die Scheide (Spekulum) festgestellt.

Untersuchungsfahrplan

Um eine genaue Diagnose zu stellen, erfragen wir in einem persönlichen Gespräch Ihre individuelle Krankengeschichte und das genaue Beschwerdebild.

Es folgen einige schmerzfreie Untersuchungen, z.B. eine gynäkologische Untersuchung und eine spezialisierte Ultraschalluntersuchung.

Ihre Beckenbodenfunktion kann mit einem Biofeedback-Gerät ermittelt werden.

Zur weiterführenden Diagnostik stehen ein urodynamischer Messplatz (sog. Blasendruckmessung) und die Urethro-Zystoskopie (Blasenspiegelung) zur Verfügung - alles unter ambulanten Bedingungen.

Nach Zusammentragen aller Ergebnisse werden wir eine auf sie zugeschnittene Therapie festlegen. Je nach Beschwerden gibt es die Möglichkeit z. B. einer medikamentösen oder einer krankengymnastischen Behandlung bis hin zu einer Operation.

Gespräch

Im Gespräch machen wir uns dann ein genaueres Bild über Ihre Beschwerden und legen fest, welche Untersuchungen sinnvoll sind. Dazu gehört die gynäkologische Untersuchung, der Gynäkologische Ultraschall  und Ultraschall der Harnblase.
Hilfreich ist es, wenn Sie Unterlagen von Kollegen, bei denen Sie sich vielleicht schon einmal wegen der Senkung/Blasenschwäche vorgestellt haben, mitbringen.  Damit kann verhindert werden, dass wir einige Untersuchungen doppelt machen.

Auch Unterlagen zu Ihrer allgemeinen Krankengeschichte können für uns wichtig sein geben uns wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen einer Blasenschwäche.
    
Das sollten Sie zur Sprechstunde mitbringen:

  • Vorbefunde/Arztbriefe,
    von Kollegen, bei denen Sie sich schon einmal wegen der Senkung/Blasenschwäche vorgestellt haben.
  • Unterlagen zur allgemeinen Krankengeschichte,
    z.B. zu chronischen Erkrankungen, Krankenhausaufenthalten, Operationen , Komplikationen bei Geburten.
  • Ihre Medikamentenliste,
    denn auch Medikamente können eine Inkontinenz beeinflussen.
  • Überweisung
    Denken Sie bitte auch an eine Überweisung von Ihrem Frauenarzt, oder Ihrem Hausarzt.
  • Fragebögen,
    wenn Sie möchten, können Sie sich Fragebögen ausdrucken, vorab ausfüllen und zum Gespräch mitbringen. (Siehe rechte Spalte "Downloads"). Falls Sie einige Fragen nicht eindeutig beantworten können, lassen Sie sie offen und wir besprechen die Fragen im folgenden Gespräch.
  • Miktionsprotokoll
    Eine grosse Hilfe ist es, wenn Sie schon vor Ihrem 1. Besuch in unserer Sprechstunde ein 2-tägiges Protokoll über Ihr Trink-und Toilettenverhalten führen.  Eine Vorlage für das Miktionsprotokoll finden Sie in der rechten Spalte unter "Downloads".

Gynäkologische Untersuchung und Ultraschall

Gynäkologische Untersuchung
Mit der gynäkologischen Untersuchung ist die ganz normale Untersuchung gemeint, die Ihr  Frauenarzt/-ärztin durchführt, wenn Sie auf dem gynäkologischen Stuhl sitzen: Er/Sie betrachtet mit Hilfe von 2 Metallspiegeln den Gebärmutterhals und die Scheide. Genau dieses tun wir auch aber mit besonderem Augenmerk darauf, ob eine Senkung von Gebärmutter und/oder Scheide /Harnblase/Enddarm vorliegt.

Gynäkologische Ultraschalluntersuchung
Anschließend führen wir eine vaginale Ultraschalluntersuchung durch. Auch dieses kennen Sie von Ihrem Frauenarzt.

Ultraschalluntersuchung der Harnblase

Nach Betrachtung der Gebärmutter/Eierstöcke, setzen wir den schmalen, langen Schallkopf von außen auf den Scheideneingang auf. Hierdurch können wir genau die Lage der Harnblase und der Harnröhre ansehen und erkennen, wie sich die Organe bei Belastung, d.h. beim Husten verändern und  senken, ob ein Trichter entsteht oder die Harnröhre abknickt.

Blasendruckmessung

Was erwartet Sie bei der Blasendruckmessung?
Bei der Blasendruckmessung (auch urodynamischen Untersuchung genannt) wird überprüft, inwieweit die Blase ihre Speicherfunktion erfüllen kann, ob der Verschluss der Harnröhre in Ruhe und beim Husten (also bei Belastung) intakt ist und ob die Blasenmuskulatur ihren Aufgaben beim Wasserlassen nachkommt.
Diese Informationen sind sehr wichtig für die richtige Therapieentscheidung.

Die Untersuchung erfolgt auf einem gynäkologischen Stuhl. Zur Druckmessung in der Blase und Bauchraum werden dünne, weiche Schläuche (Katheter) benutzt. Die Schleimhaut wird vor dem Einführen mit speziellem Gleitgel betäubt, so dass die Untersuchung nicht schmerzhaft ist. Die Beckenbodenmuskulatur wird mit kleinen Aufklebern am Damm gemessen.
Die Blasendruckmessung besteht aus 4 Untersuchungsabschnitten:

Zystometrie
Zunächst wird Ihre Blase über die Harnröhre über einen schmalen Schlauch (Katheter) mit Flüssigkeit (bis 300ml) aufgefüllt. Hierbei geben Sie uns an ab welcher Füllmenge Sie Harndrang verspüren und wir erkennen wieviel in Ihre Blase hineinpasst.

Harnröhrendruckprofil

  • Ruhedruckprofil: Den Katheter ist ein dünner Schlauch, der zwei Sensoren zur Druckmessung besitzt. Es wird also gleichzeitig der Druck in der Harnröhre und in der Blase gemessen. Beim langsamen Zurückziehen des Katheters wird der Druck gemessen, den die Harnröhre im Vergleich zur Blase aufbringt und zwar Zentimeter für Zentimeter.
  • Stressprofil: Die Untersuchung läuft genauso ab wie das Ruhedruckprofil. Diesmal werden Sie aber aufgefordert zu Husten. Deshalb heisst die Untersuchung auch Stressprofil. Hierbei kann festgestellt werden, ob beim Husten den Harnröhrendruck unter den der Blase fällt. Dieses deutet auf einen unzureichenden Verschluss der Harnröhre hin.

Miktiometrie
Abschliessend entleeren Sie Ihre Blase auf einer speziellen Toilette, die mißt wieviel Urin innerhalb welcher Zeit ausgeschieden wird. Mit dieser Untersuchung können wir feststellen, ob Ihre Blasenmuskulatur bei der Entleerung normal funktioniert.

Blasenspiegelung

Die Ursachen einer Blasenschwäche sind vielfältig.
Vor allem bei der Dranginkontinenz (s. Formen der Blasenschwäche) können Veränderungen in der Blase selbst, z.B. Blasensteine oder Tumoren, verantworlich sein.

Durch eine Blasenspiegelung können wir diese Ursachen erkennen.
Die Untersuchung führen wir bei Notwendigkeit direkt im Anschluss an die Blasendruckmessung durch.

Zunächst wird der Harnröhreneingang desinfiziert und mittels eines Gels betäubt. Anschliessend führen wir eine kleine Kamera über die Harnröhre in Ihre gefüllte Blase und können durch Bewegen und Kippen der Kamera jeden Winkel Ihrer Harnblase betrachten. Auch die Mündungen der Harnleiter, die den Urin ja von den Nieren in die Blase leiten, können wir beurteilen. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten und ist nicht schmerzhaft.

...für die optimale Therapie

Nach einer gründlichen Untersuchung und Diagnosestellung wird mit Ihnen und in enger Zusammenarbeit mit Ihrem Frauenarzt und ggf. weiteren Fachärzten (Urologen, Chirurgen, Neurologen) eine individuelle persönliche und optimale Therapiestrategie festgelegt.
   
Gleich eine Operation? - Nicht unbedingt!

Durch Trink- und Toilettentraining, lokale Anwendung von weiblichen Sexualhormonen oder modernen Medikamenten kann in vielen Fällen schon eine Besserung herbeigeführt werden.

Insbesondere Übungsbehandlungen wie Krankengymnastik, Elektrostimulation und Biofeedback erhalten bei uns durch die enge Kooperation mit speziell ausgebildeten Physiotherapeutinnen einen besonderen Stellenwert. Gegebenenfalls kann eine spezielle apparative isokinetische Muskelstimulation (Fitvibe) angewendet werden.

Beckenbodengymnastik

Eine Beckenboden-schwäche ist häufige Ursache besonders einer Belastungsinkontinenz. Aber auch für Senkungsbeschwerden und Dranginkontinenz spielt der Beckenboden eine wichtige Rolle.

Wie in Abschnitt Anatomie/Physiologie bereits gesagt, ist die Muskulatur des Beckenbodens bewusst steuerbar und damit auch trainierbar-wie die übrige Skelettmuskulatur auch.

Deshalb steht eine gezielte Beckenbodentherapie oft an erster Stelle der Therapiemöglichkeiten.

Wir vermitteln Ihnen den Kontakt zu speziell ausgebildeten Physiotherapeuten, die zunächst in Einzelsitzungen mit Ihnen verschiedene Übungen erarbeiten. Später können Sie dieses Training in Gruppen weiterführen. Im Laufe der Zeit lernen Sie selbst Ihren Beckenboden besser wahrzunehmen und schliesslich durch "kleine Tricks" die Belastung auf den Beckenboden in Ihrem Alltag zu verringern, z. B. durch bewusstes Anspannen das Beckenbodens beim Heben von schweren Gegenständen. Wenn dieses Verhalten in Fleisch und Blut übergegangen ist, ist langfristiger Erfolg garantiert!!

Von den Krankenkassen werden mindestens 6 Sitzungen getragen.

Biofeedback

Mit Hilfe der sog. Biofeedbacktherapie können Sie Ihren Erfolg bei der Beckenbodentherapie selbst messen;

Hierzu dient ein kleines Gerät, das Sie selber bedienen können, indem Sie eine Messsonde oder - kleber am Beckenboden anbringen. Sie bekommen ein direktes Signal ("feedback") darüber wie stark Sie Ihren Beckenboden anspannen können.

In unserer Sprechstunde verfügen wir über ein solches Gerät und benutzen es zur Diagnostik einer Beckenbodenschwäche. Wenn wir es in Ihrem Fall für sinnvoll erachten, die Beckenbodengymnastik mit einem Biofeedbackgerät zu unterstützen, vermitteln wir Ihnen bei einem separaten Termin eine Einführung in die Handhabung eines Biofeedbackgerätes. Die modernen Geräte sind klein und sehr einfach zu bedienen, sodass Sie die Therapie selbständig zu hause durchführen können. Denn die Biofeedbacktherapie ist nur effektiv, wenn sie regelmässig , am besten täglich durchgeführt wird.

Elektrostimmulationstherapie

Ähnlich wie die Biofeedbacktherapie (s.dort) funktioniert die Elektrostimulationstherapie. Hierbei wird allerdings die Beckenbodenmuskulatur passiv, nämlich durch einen sanft fliessenden Strom  von aussen stimuliert.

Dies kann notwendig sein, wenn Sie eine ausgeprägte Beckenbodenschwäche haben, und aktives Training noch nicht ausreicht.

Im Anschluss an die Elektrostimulationstherapie kann darauf aufbauend Beckenbodengymnastik bzw. Biofeedbacktherapie erfolgen. Auch hierbei übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine 3- bzw. 6 monatige Therapie.

Pessartherapie

Das Wort Pessar stammt aus dem Lateinischen von dem Wort „pessulum“, d.h. Riegel. Bei der Pessartherapie wird in die Scheide der Frau ein angepasstes „Pessar“ aus verträglichem Kunststoff eingeführt, das ringförmig, würfelförmig oder wie ein Tampon aussehen kann.

Dadurch erhält die Harnröhre von unten ein Widerlager. Bei einer Senkung der Gebärmutter oder der Blase verhindert das Pessar, dass sich die Organe nach unten senken.

Beim Husten werden Sie feststellen, dass schon diese wenig aufwändige Maßnahme den Urinverlust verhindern kann.Pessare bestehen aus hautverträglichem Kunststoff und sind  leicht zu reinigen. Sie können lernen, sich dieses kleine Hilfsmittel bei Bedarf selbst einführen. Üblicherweise wird es tagsüber getragen und abends entfernt. Bei älteren Damen können Pessare bis zu 4-6 Wochen in der Scheide verbleiben und werden dann vom Frauenarzt gewechselt. Dabei ist aber zu beachten, dass die Scheide  regelmässig (d.h. mindestens 2 Mal wöchentlich), da sonst Entzündungen entstehen.

Vibrationstraining

In unserer Klinik steht Ihnen seit kurzem ein sogenannter biomechanischer Vibrationstrainer (fitvibe medical) zur Verfügung.

Bei dem Vibrationstrainer handelt es sich um eine waagerechte Platte, auf die man sich in unterschiedlichen Körperhaltungen stellt. Über diese Platte wird mechanische Vibration mit bestimmter Amplitude und Frequenz auf den menschlichen Körper übertragen. Es werden bei den Übungen mit dem fitvibe fast 100% der Muskelfasern aktiviert. Bei herkömmlichem Gerätetraining sind es nur 40 – 60 %!  Hiermit werden aber nicht nur  positive Effekte auf die Muskulatur erreicht sondern die körpereigenen Schwingungsparameter, das Kreislauf-und Stoffwechselsystem bis hin zur Ebene der Nervenendigungen werden gezielt beeinflusst.

Die Einwirkung auf den Körper findet rein mechanisch, ohne elektrischen Strom oder Medikamente statt. Entsprechend der Zielsetzung werden die Parameter wie Frequenz, Hubhöhe der Platte, Übungsdauer und Übungspositionen individuell für Sie bestimmt.
    
In der modernen Therapie der Osteoporose, Rehabilitation nach Verletzungen und der Gewichtsreduktion hat das biomechanische Vibrationstraining einen festen Platz.
In neueren Studien gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass bestimmte Übungen auch  einen signifikantenTrainingseffekt auf die Beckenbodenmuskulatur haben und damit unterstützend zur Inkontinenztherapie eingesetzt werden können.

Wie läuft das Training ab?

Das hängt von dem gewählten Programm und natürlich von Ihrem Gesundheits- und Trainingszustand ab. Um Überlastungen zu vermeiden, wird mit einfachen und kurzen Einheiten begonnen.
Durchschnittlich sind nach 15-30 Minuten, 2-3x pro Woche auf dem fitvibe erste Erfolge zu spüren – nicht nur hinsichtlich der angesprochenen Muskelkraft, sondern auch hinsichtlich des allgemeinen Wohlbefindens.

Wann darf fitvibe nicht eingesetzt werden?
Das Training mit dem fitvibe führt durch die Beanspruchung der Muskulatur des gesamten Körpers zu einer deutlichen Beanspruchung des Herz-Kreislaufsystems. Deshalb können Sie nicht am fitvibe-Training teilnehmen, wenn Sie
- schwanger sind,
- eine akute Thrombose, akute Entzündungen oder schwere Diabetes  haben,
- Herz-Kreislauferkrankungen oder einen Herzschrittmacher haben,
- unter einer Tumorerkrankung leiden
- Epilepsie und schwere Migräne haben
- kürzlich eingebrachte Metallstifte, Bolzen oder Platten, Hüft- oder Knieprothesen haben,
- unter Bandscheibendegeneration leiden.

Wir bieten Ihnen an 2-3x wöchentlich im Rahmen der Inkontinenztherapie ein solches Training professionell betreut zu absolvieren. Sprechen Sie uns an!

Medikamentöse Therapie

Hormontherapie
Grundsätzlich ist bei fast jeder Form der Blasenschwäche eine lokale Behandlung mit einer Hormonsalbe-oder Zäpfchen sinnvoll.

Dranginkontinenz
Für die Therapie der Dranginkontinenz  stehen seit langem verschiedene Medikamente zur Verfügung. Deshalb sollte ein Therapieversuch mit Medikamenten  immer vor einer Operation stehen.

Allerdings ist die Behandlung bisher oft durch deutliche Nebenwirkungen wie z.B. Mundtrockenheit, Herzklopfen, Sehstörungen beeinträchtigt gewesen.

Durch neue Entwicklungen werden die Angriffspunkte der Medikamente immer spezifischer, so dass es mittlerweile Präparate auf dem Markt gibt, die nur noch geringe Nebenwirkungen haben.

Auch sind langwirksame Tabletten entwickelt worden, die nur noch einmal am Tag genommen werden müssen. Wenn Sie Fragen haben sprechen Sie Ihren Frauenarzt und uns im Rahmen unserer Sprechstunde an.

Belastungsinkontinenz
Lange standen bei Belastungsinkontinenz (s. Symptome und Formen) als konservative Therapiemaßnahmen nur das Beckenbodentraining, Elektrostimulation und Lebensstilanpassungen (d.h. z.B. Gewichtsreduktion, Raucherentwöhnung etc.) zur Verfügung.

Mittlerweile gibt es einen Wirkstoff, der guten Erfolg bei Patientinnen mit Belastungsinkontinenz hat: Duloxetin.

Duloxetin führt zu besserer Wirksamkeit der Beckenbodenmuskulatur, genauer gesagt des Blasenschließmuskels. In Studien zeigte sich bei mehr als 50% der betroffenen Patientinnen  eine deutliche Verbesserung der Belastungsinkontinenz, gesteigert wir dieser Effekt vor allem in Kombination mit Beckenbodentraining.

Leider ist dieses Medikament, da es neu entwickelt wurde, noch sehr teuer  und ist aufgrund des Nebenwirkungsprofils  nicht für jede Patientin geeignet. Ob eine Behandlung mit Duloxetin bei Ihnen Aussicht auf Erfolg hat, besprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt oder mit uns im Rahmen unserer Sprechstunde.

Operative Therapie

Wir sind Belegärzte im Alice-Hospital. Operationen werden dort durchgeführt

Falls diese Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolgreich oder nicht gewünscht sind, können wir Ihnen neben den klassischen auch modernste Operationsverfahren anbieten.

Bei Senkungszuständen mit und ohne Inkontinenz kommen beispielsweise die vordere oder hintere Scheidenplastik, das seitliche Anheben der Scheidenvorderwände oder die Fixierung des Scheidenendes an Sehnenstrukturen im Becken zum Einsatz. Bei ausgeprägten Befunden können wir den Beckenboden durch Einlage von speziell entwickelten Netzen (z. B. Prolift) nachhaltig stabilisieren.

Bei der Belastungsinkontinenz steht uns die erfolgreiche moderne Operationsmethode der spannungsfreien Scheidenbandeinlage (sog. TVT oder TVT-O) als minimalinvasive Methode zur Verfügung.

Klassische Operationsverfahren

Ist das Gewebe, das der Beckenorgane (Gebärmutter, Scheide, Blase, Darm) in der normalen Lage hält, überdehnt, können sich diese Organe deshalb senken. Im Extremfall tritt die Gebärmutter aus der Scheidenöffnung heraus (Gebärmuttervorfall).

Dabei kann die Verschlussfunktion der Blase beeinträchtigt und /oder die Entleerung von Blase und Enddarm erschwert bzw. unmöglich sein.

Vordere Scheidenplastik
Die Harnblase und das erschlaffte Bindegewebe werden von der Scheide aus freigelegt. Die Blase wird durch gerafftes Nachbargewebe, selten auch durch ein Kunststoffnetz unterpolstert und abgehoben.

Hintere Scheidendammplastik

Die seitliche Beckenboden- und Damm-Muskulatur wird gerafft, um einen Vorfall des in die Scheide vordrängenden Darms zu verhindern. Der Eingriff erfolgt von der Scheide aus.

Vordere und hintere Scheidenplastik werden häufig kombiniert, wenn der Senkungsprozess beide Bereiche betrifft. Sind Scheideneingang und Scheide erweitert, werden sie auf das natürliche Maß verengt.

Seitliches Anheben der Scheidenvorderwände (lateral repair)
Nach Eröffnen der unteren Bauchwand (offene Operation) werden die seitlichen Scheidenwände beidseits angehoben und an Bindegewebe und/oder Muskeln der vorderen Beckenwand befestigt.

Fixierung des Scheidenendes, ggf. Gebärmutterentfernung

Ist die Scheide vorgefallen, wird von der Scheide aus das Scheidenende an einer Sehnenstruktur im Becken (sakrospinales Band) angeheftet oder nach Eröffnen der unteren Bauchwand (offene Operation) oder im Rahmen einer Bauchspiegelung (laparoskopische Operation) das Scheidenende angehoben und mittels eines Kunststoffnetzes am Kreuzbein angeheftet.

Ist auch die Gebärmutter vorgefallen, so wird zunächst die Gebärmutter entfernt.

Neben der Senkungsoperation kann wegen unwillkürlichen Urinabgangs zusätzlich eine Operation zur Beseitigung der Blasenverschlussschwäche (sog. Inkontinenzoperation) durchgeführt werden.

Operation mit Netzeinlagen bei Belastungsinkontinenz

Meistens können die Schwachstellen des Halteapparates durch körpereigenes Gewebe gedeckt werden.

Bei ausgeprägter Gewebeschwäche oder einer wiederholt an gleicher Stelle auftretenden Senkung können wir durch Einlage eines synthetischen, netzartigen Gewebes (Implantat) die Schwachstelle stabilisieren. Durch die netzartige Struktur wird die Bildung von Bindegewebe angeregt und führt entsprechend zur Festigung des Beckenbodens.

Dadurch können wir auch Frauen mit ausgeprägter Bindegewebsschwäche eine Operationsmethode anbieten, die anhaltenden Erfolg verspricht.

Operation mit Bandeinlage bei Belastungsinkontinenz

-das spannungsfreie Vaginalband

Um den defekten Blasenverschlussmechanismus wieder herzustellen, können wir bei geeigneten Patientinnen durch Einlage eines Widerlagers für die Harnröhre in Form eines schmalen Kunststoffbandes legen. Beim Husten oder Lachen wird die Harnröhre dann gegen diese Schlinge gedrückt. Dadurch wird der Urinverlust verhindert.Die Schlinge wird dabei mit speziellen Instrumenten spannungsfrei (daher der Name: Tensionfree Vaginal Tape) von der Scheide aus unter die Harnröhre gelegt und entweder durch die Bauchdecke oberhalb des Schambeins oder in der Schenkbeuge (transObturatorisch; daher TVT-O) wieder nach aussen geführt.Diese minimalinvasive Operation kann, wenn sie nicht mit weitreichenderen Eingriffen kombiniert wird, sogar in Regionalanästhesie erfolgen. Die Erfolgsrate liegt zwischen 80-90%.