Pränataldiagnostik

Gesunde Menschen haben in jeder Körperzelle 23 Chromosomenpaare (46 Chromosomen), die die gesamte Erbinformation tragen. Jedes Chromosom existiert in doppelter Ausfertigung, d. h. es gibt 46 einzelne Chromosomen.

Bei Chromosomenanomalien wie den Trisomien 13, 18 oder 21 (Down-Syndrom) ist jeweils ein zusätzliches Chromosom 13, 18 oder 21 vorhanden (insgesamt also 47 Chromosomen).
    
Kinder mit diesen Trisomien haben z.T. schwere körperliche und geistige Behinderungen. Um definitiv zu klären, ob ein Down-Syndrom beim Ungeborenen vorliegt, ist die Durchführung eines sog. invasiven Tests, also z.B. einer Chorionzottenbiopsie (CVS) in der 11. - 14. SSW oder einer Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) ab der 15. SSW nötig.

Dabei wird vom mütterlichen Bauch aus mit einer dünnen Nadel etwas Gewebe aus dem Mutterkuchen (CVS) bzw. Fruchtwasser (AZ) gewonnen. Nach 1-10 Tagen steht das Ergebnis der Chromosomenuntersuchung zur Verfügung. Die Sicherheit der Aussage beträgt > 99%. Beide Methoden haben das Risiko einer Fehlgeburt (0,5-1%), auch wenn das Baby gesund ist.

Die Entscheidung für oder gegen eine invasive Diagnostik kann vom individuellen Risiko abhängig gemacht werden. Die Risikoabschätzung kann durch folgende sog. Screening-Methoden erfolgen:

  • erhöhtes mütterliches Alter (z.B >35 Jahre)
  • Messung der kindlichen Nackentransparenz mittels Ultraschall in der 11.-14. SSW
  • mütterliche Blutuntersuchung in der 11.-14. SSW
  • ausführlicher Ultraschall in der 20. SSW
  • mütterliche Blutuntersuchung in der 15.-20. SSW

Risikoabschätzung

Alle genannten Screening-Verfahren ermöglichen eine individuelle Risikoberechnung für das Vorliegen eines Down-Syndroms. Diese Risikokalkulation sagt aber nicht definitiv aus, ob das Kind von einer Chromosomenanomalie betroffen ist. Sie kann lediglich eine Entscheidungshilfe für die Durchführung einer eventuellen invasiven Diagnostik sein.
Die sichere Diagnose bzw. der definitive Ausschluss einer Chromosomenanomalie ist nur mittels CVS (Chorionzottenbiopsie) oder AZ (Amniozentese- Fruchtwasserpunktion) möglich.

Mütterliches Alter

Das Risiko für ein kindlichen Down-Syndrom steigt mit dem mütterlichen Alter an und ist auch nach vorangegangener Geburt eines Kindes mit Trisomie 21 erhöht. Bis heute wird deswegen allen Frauen >35 Jahren eine Fruchtwasseruntersuchungen angeboten. Insgesamt werden in dieser Altersgruppe 40 - 50% der Kinder mit Trisomie 21 geboren. Andererseits bringen nur 0,5-1% der Frauen >35 Jahre ein chromosomal krankes Kind zur Welt.

Messung der kindlichen Nackentransparenz mittels Ultraschall (11+0 - 13+6 SSW)Im Nacken des Feten wird eine Flüssigkeitsansammlung gemessen. Alle Kinder haben dort etwas Flüssigkeit. Bei Feten mit Trisomie 21 ist die Flüssigkeitsmenge in 75% der Fälle vermehrt. Etwa 5% der Kinder mit verdickter Nackentransparenz haben ein Down-Syndrom.    Mütterliche Blutuntersuchung in der 11.-14. SSWIm Blut werden 2 Hormone bestimmt (PAPP-A und ß-hCG). Bei Feten mit Trisomie 21 sind in 65% der Fälle die Serumspiegel des PAPP-A vermindert und die des beta-hCG erhöht. Etwa 2-3% der Kinder mit auffälliger Hormonbestimmung haben ein Down-Syndrom.Kombiniertes Screening im ersten SchwangerschaftsdrittelDurch die Kombination der 3 Screening-Methoden (Alter, Messung der Nackenfalte,  Hormonbestimmung) werden 85-90% der Feten mit Trisomie 21 erfasst. Bei auffälligen Testergebnissen liefert das Screening aber in 90% der Fälle ein falsch positives Ergebnis, d.h.ein Fet mit einem auffälligen kombinierten Screening hat ein individuelles Risiko von ca. 5-10% für eine Trisomie 21.Mütterliche Blutuntersuchung in der 15.-20. SSWAuch eine Hormonbestimmung im 2. Schwangerschaftsdrittel kann Hinweise auf ein Down-Syndrom geben. Es werden 3 Hormone gemessen: Das alpha-Fetoprotein ist bei Trisomie 21 ebenso erniedrigt wie das Östriol, dagegen ist das ß-hCG erhöht. Aus den Ergebnissen wird unter Berücksichtigung des mütterlichen Alters ein individuelles Risiko für eine Trisomie 21 errechnet. Bei einem Risiko >1:250 werden 65 - 70% der Feten mit Trisomie 21 erfasst. Etwa 1-2 % der im Screening auffälligen Kinder haben ein Down-Syndrom.Ausführlicher Ultraschall in der 20. SSWDie Ultraschalluntersuchung ermöglicht die Diagnose bzw. den Ausschluss zahlreicher kindlicher Fehlbildungen. Schwerwiegende Anomalien des Schädels, des zentralen Nervensystems und des Harntrakts werden in über 70% der Fälle erkannt. Etwa 30% der Kinder mit Down-Syndrom und 80-90% der Feten mit Trisomie 13 und 18 haben auffällige Ultraschallbefunde (Anomalien bzw. sog. "soft marker" wie kurze Oberschenkel, Erweiterung des Nierenbeckens, Auffälligkeiten an Darm, Herz und Gehirn). Aus den Zahlen wird deutlich, dass chromosomale Störungen vorgeburtlich durch Ultraschall nicht erkennbar sind.

Punktionen

Punktionen der Fruchtblase sind nur dann nötig, wenn die Schwangere einer Risikogruppe angehört, oder andere Hinweise oder Bedenken bezüglich des Auftretens von Chromosomenstörungen, Stoffwechselstörungen oder Fehlbildungen bestehen.

Zur Risikogruppe zählen Frauen, die über 36 Jahre sind, oder bei denen Erbrankheiten oder Stoffwechselstörungen in der Familie gehäuft vorkommen.
    
Zu den Punktionen zählen:
Die Placenta-Untersuchung (Chorionzottenbiopsie)
Die Untersuchung ist in der 10. bis 11. Schwangerschaftswoche möglich und liefert damit schon frühe Ergebnisse.
Sie ermöglicht eine Beurteilung der Chromosomen und das daraus resultierende Risiko einer Erkrankungen, wie z.B. das Down-Syndrom. Es liefert keine Hinweise auf einen Neuralrohrdefekt und andere seltenere genetische Störungen.

Fruchtwasseruntersuchung (Amniozenese)
Eine Fruchtwasseruntersuchung kann in der 15. und 16. Woche durchgeführt werden. Sie dient der Feststellung von Chromosomenstörungen wie das Down-Syndrom, Neuralrohrdefekt und von Stoffwechselstörungen.

Amniotentese

Die Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) wird zwischen der 15. und 16. Woche nach dem ersten Tag der letzten Menstruation der Frau durchgeführt. In speziellen Fällen kann ein späterer Untersuchungstermin in Erwägung gezogen werden.

Eine dünne Punktionsnadel wird unter sterilen Bedingungen durch die Bauchhaut der Frau in die Fruchthöhle eingeführt. Unter ständiger Ultraschallkontrolle zieht der/die untersuchende Arzt/Ärztin etwas Fruchtwasser  durch die Bauchdecke aus der Gebärmutter ab. Dabei achtet er/sie über den Ultraschall-Bildschirm darauf, dem Ungeborenen nicht zu nahe zu kommen.

Die aus dem Fruchtwasser angezüchteten Zellen werden in einem speziellen Laboratorium analysiert.

Welche Störungen können entdeckt werden?
Mit der Amniozentese können heute Chromosomenstörungen (z.B. das Down-Syndrom / Trisomie 21), einige Stoffwechselstörungen, sowie Hinweise auf Hirnfehlbildungen erkannt werden. Neben der Genetik können auch familiäre Stoffwechselstörungen oder kindliche Infektionen ausgeschlossen werden.

Welche Risiken gibt es?
Auch wenn die Technik der Amniozentese fortlaufend verbessert wird, birgt sie doch ein - wenn auch geringes - Fehlgeburtsrisiko. Es liegt bei erfahrenen Frauenärzten in etwa bei 0,5 - 1 Prozent.

Wie sicher ist die  Amniozentese?
Die Ergebnisse der Chromosomenuntersuchung zeigen eine 99%ige Sicherheit. Bei der Diagnostik von Neuralrohrdefekten kann eine Genauigkeit von etwa 90% erreicht werden. Unter bestimmten Bedingungen können zur Sicherung der Ergebnisse Bluttests der Eltern, eine Ultraschallkontrolle, eine wiederholte Amniozentese oder eine fetale Blutuntersuchung notwendig werden.

Chorionzottenbiopsie

Das Chorion ist der kindliche Anteil der noch nicht voll entwickelten Plazenta, die sich aus der befruchteten Eizelle gebildet hat und das Erbgut des Kindes trägt.

Chorionzottenbiopsie
Bei der Chorionzottenbiopsie werden allgemein zwischen der 10. und 11. Woche nach dem ersten Tag der letzten Menstruation der Frau kindliche Zellen aus den Ausläufern der frühen Plazenta entnommen, analysiert und auf mögliche Erbkrankheiten untersucht. Die Chorionzottenbiopsie ist nicht geeignet für Patienten, die ein Kind oder ein Familienmitglied mit einem Neuralrohrdefekt haben (Spina bifida oder Anencephalie). Diese Methode ermöglicht wegen des früheren Entnahmezeitpunktes folglich auch frühere Ergebnisse als die Amniozentese.

Welche Technik?
Die Chorionzottenbiopsie wird entweder über eine dünne Punktionsnadel über den Bauch (transabdominell) oder über die Scheide und den Gebärmutterhals (transcervikal) durchgeführt. Die Punktionsnadel wird unter ständiger Ultraschallkontrolle bis in die Placenta vorgeschoben. Hierbei wird eine kleine Menge an Gewebe entnommen und zur Analyse übermittelt .Bei beiden Methoden bleibt die Nadel außerhalb der Fruchthöhle, so dass eine Berührung oder gar Verletzung des Fetus ausgeschlossen ist.
    
Wann liegen Ergebnisse vor?
Spätestens eine Woche nach dem Eingriff liegt das Ergebnis vor. - Häufig liegt es schon innerhalb von 48 Stunden - .
Durch die Beurteilung der Chromosomen auf Struktur und Anzahl können Abnormalitäten ermittelt werden. Ein Beispiel für eine numerische Chromosomenveränderung (also in der Anzahl) ist das Down-Syndrom. Falls die Untersuchung auf spezielle genetische Erkrankungen indiziert ist, kann diese durch eine Analyse der DNA oder entsprechender Enzyme diagnostiziert werden.

Diese Technik ermöglicht im Gegensatz zur Fruchtwasserpunktion allerdings nicht, das im Fruchtwasser vorhandene AFP (Alpha-Fetoprotein) und die ACHE (AcetylCHolinEsterase) zu bestimmen, um Hinweise auf einen Neurahlrohrdefekt zu erhalten. Seltene Formen von genetischen Störungen wie Mosaikbildungen können nicht erkannt werden.

Welche Risiken bestehen?
Auch wenn die Technik der Chorionzottenbiopsie und der Amniozentese fortlaufend verbessert werden, bergen beide doch ein - wenn auch geringes - Fehlgeburtsrisiko. Es liegt bei erfahrenen Frauenärzten in etwa bei 1 Prozent.

Wie sicher sind die Ergebnisse der Chorionzottenbiopsie?

Sie zeigen eine 99%ige Sicherheit. In seltenen Fällen können zur Sicherung der Ergebnisse zusätzliche Bluttests der Eltern, eine Ultraschallkontrolle, eine zusätzliche Amniozentese oder eine fetale Blutuntersuchung notwendig sein.

Nackenfaltenmessung

Im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gibt es eine Reihe von Untersuchungen, um mit speziellen Verfahren Störungen und Fehlbildungen bei dem Ungeborenen festzustellen.

Nackenfaltenmessung (12-14. Schwangerschaftswoche)

Bei der Nackenfaltenmessung wird mittels Ultraschall die sogenannte Nackenfalte des Ungeborenen gemessen. So kann die Wahrscheinlichkeit für mögliche Erkrankungen, wie z.B. Down-Syndrom, andere Chromosomenabweichungen oder auch Herzfehler beim ungeborenen Baby festgestellt werden. Ergänzt wird diese Untersuchung häufig durch die Bestimmung von Hormon – und Eiweißwerten bei der werdenden Mutter, um ein mögliches Risiko noch genauer einzuschätzen (Ersttrimester-Test). Die Nackenfaltenmessung dient somit der Früherkennung und stellt eine Hilfestellung für werdende Eltern dar.
Allerdings handelt es sich bei der Nackenfaltenmessung um keine routinemäßig vorgesehene Untersuchung, sie muss als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) privat bezahlt werden.
Sollte bei der Nackenfaltenmessung ein auffälliger Wert ermittelt werden, können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um genauere Aussagen zu machen z.B. eine Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)- diese werden von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.


In der Regel beim ersten Routineultraschall wird in der 10. bis 14. Woche eine Nackenfaltenmessung durchgeführt. Diese Untersuchung kann Hinweise darauf geben, ob bei dem Ungeborenen möglicherweise ein Downsyndrom oder eine andere Chromosomenabweichung oder evtl. ein Herzfehler vorliegt.

Bei dieser Untersuchung wird mittels Ultraschall die sog. Nackenfalte des Ungeborenen gemessen. Wird ein bestimmter Richtwert erreicht, wird die Schwangere zu einem Spezialisten überwiesen. Dieser errechnet mit Hilfe eines Computerprogramms auf Basis des Alters der Schwangeren, der genauen Schwangerschaftsdauer und der Größe des Föten, eine statistische Risikoeinschätzung ob eine Chromosomenabweichung bzw. ein Herzfehler vorliegen könnte.

Man sollte jedoch bedenken, dass diese Risikoeinschätzung nur eine Wahrscheinlichkeit angeben kann und nichts über den tatsächlichen Sachverhalt aussagen kann. Je nachdem, welches Computerprogramm eingesetzt wurde, kann es zu Ungenauigkeiten kommen. Auch Unklarheiten beim Zeitpunkt der Empfängnis und eine Zwillingsschwangerschaft können das Ergebnis beeinflussen.  So kann es vorkommen, dass einige Frauen unnötig verunsichert werden.

Sollte bei der Nackenfaltenmessung ein auffälliger Wert ermittelt worden sein, können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um genauere Aussagen zu machen z.B. eine Fruchtwasserpunktion (Amniozenese). Diese ist jedoch ebenfalls mit Risiken verbunden.